Was war ihre Motivation den Thriller ‚Mysterium‘ zu schreiben?
Ich liebe die Burg meiner Heimatstadt, und die Stimmungen die dieses alte Gemäuer ausstrahlt, bei Sonnenschein oder wenn der Nebel in dicken Schwaden über dem Burgweiher liegt oder gar bei Eis und Schnee. Die Burg wirkt immer anders, manchmal auch mysteriös, gerade im Nebel wenn sie nachts beleuchtet wird, oder bei Vollmond. Wir haben hier in Dreieich wirklich ein mittelalterliches Kleinod direkt von der Nase. Im Urlaub, oder beim Wochenendausflug, würden wir an so einer Burg vorbeifahren und beim Anblick bestimmt sagen: „Wow, stark, die müssen wir uns mal ansehen.“ Und hier bei uns, als Einheimischer, sind wir mal ehrlich, fährt man an der Burg vorbei, oder feiert um sie herum Kerb, und denkt: „Ei ja, die Haaner Burg halt.“ Doch es steckt so viel in ihr, und wenn sich der Nebel über den Burgweiher senkt passieren die unglaublichsten Dinge. (lacht und klopft mit der Hand auf ihren Thriller ‚Mysterium‘) Nein im Ernst, die Burg und auch ihre Geschichte sind schon toll und deswegen wollte ich sie mal so ein bisserl in den Mittelpunkt rücken und für sie werben!
Es geht also um die Geschichte der Burg Hayn in diesem Thriller?
Nicht nur, aber wer Interesse an Geschichte und Geschichtchen hat, der ist hier schon richtig aufgehoben. Es gibt solch fesselnde Legenden, die sich um die Burg Hayn drehen, wie die von der ‚Weißen Frau‘, also Anna von Falkenstein, oder die vom Ring der Fastrada, der Ehefrau Karls des Großen, auf den man unweigerlich stößt wenn man zur Burg recherchiert. Und dann gibt es noch mysteriöse Artefakte, ein unglaubliches Geheimnis unter der malerischen Altstadt Dreieichenhains und und und. Was davon einer belegbaren Wahrheit entspricht oder meiner Fantasie entsprungen ist, darf sich jeder Leser selbst aussuchen, wenn er sich auf die Story einlässt.
Mit diesem Roman gehen Sie zeitlich in eine ganz andere Richtung als bisher, da waren die Themen doch eher an der Zukunft ausgerichtet.
Stimmt, Nanotechnologie wie in ‚Deckname Chamäleon‘ oder Biochips wie in ‚Frankfurt Ambika‘ gab’s im Mittelalter noch nicht. Aber nicht dass hier jetzt eine falsche Vorstellung aufkommt, ‚Mysterium‘ ist kein historischer Kriminalroman. Sicher, es kommt viel Geschichtliches darin vor, aber die SoKo ermittelt schon im hier und jetzt. Allerdings hat sich Christs Truppe Mordechai von Eschersleben, den Vorsitzenden des Geschichts- und Heimatvereins, als Berater mit ins Boot geholt und der ist, was Geschichte anbelangt, ein selbstloses wandelndes Lexikon. Zumindest bis zu einem gewissen Zeitpunkt. (lächelt verschmitzt)
Mordechai von Eschersleben, wie kommen Sie auf solche Namen?
Fragen Sie mich mal! (schmunzelt) Nun, ich entwickle eine Person, stelle mir vor wie sie aussieht, welche Charaktereigenschaften sie besitzt, und dann überlege ich einfach, ist das ein Horst, oder ein Hans, oder ein Schmidt oder gar ein Mordechai von Eschersleben? Das ist ja das Schöne beim Schreiben, dass man sich die tollsten Dinge oder Personen ausdenken kann und sozusagen deren Vita mit Leben erfüllen darf.
Die Personen sind ihnen also wichtig?
Ja. Sehen Sie, einen Menschen macht ja nicht nur das aus, was er grade tut, sondern auch das was er schon getan hat oder vielleicht noch tun wird. Den Protagonisten in meinen Romanen geht es da nicht anders, sie entwickeln sich auch weiter. Es geht eben nicht nur darum Mord – auflösen – fertig, sondern auch um das Drumherum. So hat der SoKo-Kollege Antonio Brucati inzwischen einen Profiler-Lehrgang absolviert, was ihn noch charismatischer erscheinen lässt. Die kleinen Kabbeleien zwischen ihm und Daniel Dosske, dem Eintracht Frankfurt- und dem OFC-Fan, machen das Salz in der Suppe. Obwohl die beiden gerade überlegen, ob sie nicht Fan vom SC Hessen Dreieich werden, damit sie mal wieder auf der Seite der Gewinner jubeln können. (lacht) SoKo-Chef Thomas Christ ist seit ein paar Wochen wieder mit seiner Ex-Frau zusammen, wodurch er etwas menschlicher wirkt. SoKo-Kollegin Samira Stein verbindet inzwischen mit der Fotoreporterin Vivian Pfitz, die sie bei den Ermittlungen zum letzten Thriller kennen lernte, eine Freundschaft. Doc Wenright zeigt bei ‚Mysterium‘ seinen wunden Punkt, als er nicht gleich hinter das Rätsel der Todesursache kommt. Das schmerzt ihn, ebenso wie ihn die gebrochenen Rippen von der Explosion bei ‚Frankfurt Ambika‘ immer noch zwicken. In Johann Freibichlers Kneipe ‚Bei Johnny‘ gibt’s inzwischen leckere Schwarzwälder Kirsch Torte, die natürlich dem rundlichen Dosske schmeckt. Fuhrparkleiter Heinz Schäfer wird Opa. Und auch die SoKo selbst bekommt Zuwachs, mit Lars Kuhnert wird ein Spezialist für Informatik eingeführt und mit Lutz Gatzki, dem „Schleifer“, der Trainer der SoKo Frauen und Männer. Von den Hauptdarstellern meiner Romane hat inzwischen jeder eine Vita, die mindestens ein DinA 4 Blatt umfasst. Auszüge aus diesen Biographien sind übrigens auch auf meiner Homepage Fritzschner.de zu finden. Die SoKo S ist also sehr lebendig. So, jetzt habe ich aber genug von meiner Truppe geschwärmt (lacht).
Gewidmet haben Sie dieses Buch Ihrem Schwiegersohn.
Ja, er hat viele Jahre in Dreieichenhain gelebt, was liegt da näher. Nach meinem Ehemann, dem ich ja bekanntlich ‚Deckname Chamäleon‘ gewidmet hatte, und meiner Tochter, für die ‚Frankfurt Ambika‘ war, hat es sich mein Schwiegersohn verdient unter meiner Schriftstellerei zu „leiden“. (lacht)
Ist ‚Mysterium‘ eine Fortsetzungsgeschichte von ‚Frankfurt Ambika‘ oder ‚Deckname Chamäleon‘?
‚Mysterium‘ ist eine in sich vollkommen abgeschlossene Geschichte. Man braucht die beiden anderen Thriller nicht als Vorgeschichte gelesen zu haben, auch wenn bei ‚Mysterium‘ mal an einen der vorherigen Thriller erinnert wird. Wer aber einen der beiden vorherigen Thriller gelesen hat, wird sicherlich die eine oder andere Marotte der Protagonisten kennen und geradezu erwarten. Das hat mir die Reaktion einer Leserin gezeigt, die mich gefragt hat, wann denn der neue SoKo Roman erscheint, und auf mein ‚bald‘ meinte: „Ist der Dosske immer noch so verfressen?“ Ich werde sie nicht enttäuschen! (zeigt die Daumen-hoch-Geste)
Sie stehen also in Kontakt zu ihren Lesern. Wie waren die Reaktionen auf die Bücher?
Einfach toll. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätte ich bestimmt nicht nochmal etwas veröffentlicht. Ich bin aber auch so ein bisserl von den Reaktionen überrollt worden.
Wie meinen Sie das?
Naja, ich hab nicht damit gerechnet, dass wirklich viele Leute ein Buch von mir lesen, geschweige denn dass jemand mich darauf anspricht. Aber wenn man dann e-mails erhält oder auf der Straße oder beim Einkaufen von jemandem angesprochen wird, der gerade eines der Bücher liest oder gelesen hat, und gar die Frage kommt wann das nächste Buch herauskommt, weil man es auch lesen will, dann ist das schon klasse; setzt einen auf der anderen Seite aber auch so ein bisserl unter Druck, den nächsten Thriller zu veröffentlichen. Aber es ist stets interessant wenn Leser mich zu den Fällen ansprechen oder über die SoKo-Charaktere reden, so als wären sie Bekannte. Das haucht meinen Protagonisten sozusagen erst richtig Leben ein, und das finde ich ganz super. Dieser Austausch ist total faszinierend, manchmal auch überraschend, auf jeden Fall aber inspirierend. So habe ich in ‚Mysterium‘ Heinz Schäfer einen ziemlichen Platz eingeräumt. Eigentlich hatte ich ihn beim ersten Thriller als Nebenfigur entwickelt, aber seine hessische Frohnatur kam bei den Lesern unglaublich gut an und deswegen darf er diesmal ganz schön viel erleben. Und ich habe das Experiment gewagt seine Sprechpassagen in hessisch zu schreiben. Bin schon mal gespannt wie das beim Leser ankommt.
Sie werden weiterschreiben?
Auf jeden Fall. Ich schreibe ja schon seit der Schulzeit, und mir würde einfach etwas fehlen, wenn ich dieses Entspannungsritual nicht hätte. Nur ist das, was ich da so vor mich hin klappere, nicht immer gleich ein Roman. Bis so ein Thriller veröffentlichungsreif ist, das dauert. Allerdings wird die nächste Veröffentlichung vielleicht nicht wieder von der SoKo S handeln. Ich habe einer Freundin nämlich versprochen endlich mal einen meiner Sience Fiction Romane zu veröffentlichen. Und das überlege ich im Moment. Obwohl ich auch schon wieder einen neuen Fall für die SoKo S in den Fingern habe, der raus will (schmunzelt). Aber das ist alles auch immer eine Zeitfrage, und momentan, als Fraktionsvorsitzende der FWG, und mit all den Jobs und ‚Pöstchen‘ die man sonst noch so hat, ist meine Zeit doch sehr knapp bemessen. Und ich möchte auf keinen Fall, dass meine Familie zu kurz kommt. Aber ein bisserl was geht immer. (seufzt)
Dem Klappentext zum aktuellen Thriller ist zu entnehmen, dass die SoKo es mit einem psychopathischen Killer zu tun bekommt.
Ja, einem mit wahnhaften Vorstellungen, und ich muss zugeben, die Recherchen zu diesem Thema waren teilweise etwas bedrückend. Wenn man so manche Abhandlung liest, erschreckt es einen schon, in welche Abgründe man da blicken kann. Trotzdem hoffe ich, dass der Leser auch bei ‚Mysterium‘ einfach ein bisserl Spaß und Spannung erlebt. Denn trotz all der aufwühlenden Geschehnisse ist die SoKo S doch die alte eingeschworene Truppe. Dosskes große Klappe und sein Schlagabtausch mit Brucati halten den Spaßfaktor hoch. Das besondere Verhältnis zwischen Stein und Brucati darf natürlich auch zwischen den Zeilen aufblitzen. SoKo-Chef Christ hat genug Freiraum für seine coole Art und seine deduktiven Schlussfolgerungen. Und wie gesagt, Schäfer darf „babbele wie ihm der Schnabel gewachse is“. Also, viel Spaß beim Lesen!